Schödlbauer: Organum Mortis

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Ulrich Schödlbauer: Organum MortisUlrich Schödlbauer

Organum Mortis

Gedichte

Englische Broschur, 210 Seiten

Umschlagillustrationen (innen): Jürgen Wölbing

ISBN 10: 3-934877-24-9

ISBN 13: 978-3-934877-24-5

Preis: Euro 16,00

Organum Mortis (2003), dt. ›Todesorgel‹, steht nach dem Verständnis des Verfassers in der Tradition der aus der altägyptischen, islamischen und tibetischen Tradition bekannten Totenbücher, die den Adepten mit den Vorstellungen des Todes, des Jenseits und des Übergangs (Passage) vertraut machen sollen. Das in vier Teile gegliederte Werk interpretiert diese Motive in einem vollkommen gegenwartsbezogenen, nichttraditionellen Spiel der Vorstellungen und Formen, in dem immer auch Zeitgeschichtliches zur Sprache kommt.

"Wer den Tod fürchtet, pflegt ein Verhältnis zu ihm: ein intimeres als der, der ihn herausfordert oder lachend auf später verschiebt. Todesfurcht ist etwas anderes als das Bewusstsein, sterblich zu sein und sterben zu müssen. Es ist ein Leben im Schatten des Todes, das sich - sachte, allmählich, von aufquellenden Einsichten gelegentlich durchbohrt und zerstückelt, um sich aus ihnen wieder zu sammeln, zusammenzulesen - mit seinen Einzelheiten vertraut macht. Nicht mit denen des Sterbens, die unabsehbar und deprimierend sind und von Grausamkeit zeugen, sondern mit dieser kompakten und undurchdringlichen Realität, die 'uns erwartet', obwohl 'wir' uns nicht erinnern können, uns mit ihr verabredet zu haben. Man kommt nicht aus dem Tod, um wieder in ihn zurückzukehren, deshalb ist die Rede von dem doppelten Nichts, das die Existenz umgibt, doppelt unbefriedigend.

Auch deswegen gibt es Totenbücher. Die Benimmregeln fürs Jenseits, die man ihnen entnehmen kann, sind wie Tücher, über etwas gebreitet, das sich regt, ohne sich zu erkennen zu geben. Wer es anruft, glaubt zwar, Bescheid zu wissen, aber weit eher gibt er Bescheid. Ich bin da, nehmt mich, vielleicht bin ich tot, ich kann das nicht entscheiden, doch falls diese Sätze, die mir vorgeschrieben sind, ihre Funktion erfüllen, dann lebe ich ja - ein lebender Toter, ein toter Bescheidwisser, ein Unwiderstehlicher. Organum Mortis ist ein fortgesetzter Versuch, den Tod zu bestehen, ein Totenbuch, das nicht Regeln enthält, sondern die Regeln der Regeln. Nicht den Anruf, sondern die Entschließung, mit dem Tod in Verkehr zu treten, die Furcht Wort und Weise werden zu lassen. Nichts weiter bedeutet der Vers, die Weise als die Modulation des Sprechens in den Tod hinein. Verstehen mag das, wer will - es versteht ihn ganz gut gerade dann, wenn er stumm bleibt, ein wenig stummer vielleicht als sonst."