Schödlbauer: Entfesselte Schrift

Ulrich Schödlbauer

Entfesselte Schrift

Essays - Band 1

Schriften zur Literatur

Paperback, 327 Seiten

ISBN 978-3-944512-19-8

Preis Euro 24,00

 

 

 

 

 

 »›Annäherungen an die Zensur‹: so könnte, aus einer bestimmten Perspektive betrachtet, das durch die unterschiedlichen Gegenstände kaum verhüllte Thema dieser Aufsätze lauten. Gemeint wäre damit jener in allen sprachlichen Äußerungen wirksame Mechanismus der Unterdrückung, der sich vielleicht an den absichtslos hingestreuten am überzeugendsten beobachten lässt. Wer spricht, zensiert und wird zensiert. Dabei bleibt es gleichgültig, ob er mit sich oder mit anderen redet und wie bewusst oder unbewusst das geschieht. Da die Schwelle zwischen beiden Zuständen in der Rede selbst liegt, ›entscheidet‹ letztere darüber, ob, wann, wie oft und mit welchem Ziel sie passiert wird.

Der Zensor wacht darüber, was an Sagbarem ungesagt bleibt. Als innere Instanz ähnelt er ebenso sehr dem daimonion des platonischen Sokrates wie dem in jeder Gesellschaft virulenten Sinn für das ›Schickliche‹. Bevor eine Rede als anstößig gilt, muss sie irgendwann die Kontrollen passiert und wirklich Anstoß erregt haben. In diesem Sinn ist die Ermittlung dessen, was sich in der Sprache gehört, als empirischer Vorgang zu begreifen. Die Hauptarbeit ist stets schon geleistet, sobald jemand ›den Mund aufmacht‹ oder zu einem der bereitstehenden Schreibgeräte greift. Vieles, was gesagt werden könnte, ›hat sich erübrigt‹, anderes ›steht nicht auf der Agenda‹, wieder anderes stört oder trägt einen Index: Cave! Zensur ist ein akkumulatorischer Prozess.«
(Aus dem Vorwort des Autors)